Bebauungsplan „Gewerbegebiet – Lehmkuhlenfeld – östliche Erweiterung“ im Ortsteil Hattorf
Im Norden des Ortsteils Hattorf plant die Stadt Wolfsburg die östliche Erweiterung des Gewerbegebiets Lehmkuhlenfeld. Ziel ist es, zusätzliche Flächen für vielfältige Gewerbebetriebe zu schaffen, bestehende und neue Unternehmen am Standort zu stärken und damit Arbeitsplätze in Wolfsburg zu sichern. Auf dieser Seite informieren wir Sie darüber, welche Entwicklung im Gebiet vorgesehen ist und welche nächsten Planungsschritte anstehen – inklusive der Möglichkeiten, wie Sie sich als Bürger*in frühzeitig einbringen können.
Warum plant die Stadt überhaupt eine Erweiterung des Gewerbegebiets Lehmkuhlenfeld?
Wolfsburg ist als Oberzentrum ein wichtiger Wirtschaftsstandort – auch über die Automobilbranche hinaus. Einige bereits ansässige Betriebe benötigen größere, zusammenhängende Flächen, um sich weiterentwickeln zu können. Gleichzeitig sollen neue, zukunftsfähige Unternehmen angesiedelt werden. Dafür fehlen derzeit passgenaue Flächen.
Mit der östlichen Erweiterung des Gewerbegebiets Lehmkuhlenfeld will die Stadt ein Angebot an Gewerbeflächen schaffen, das größere, aber auch kleinere Parzellen ermöglicht und so Arbeitsplätze sichert und neue schafft. Die Fläche liegt direkt am bestehenden Gewerbestandort Heinenkamp und ist über die Autobahn angebunden, sodass sie sich für gewerbliche Nutzungen besonders eignet.
Wird der Wald („Hattorfer Holz“) als Rückzugs- und Erholungsraum zerstört oder massiv beeinträchtigt?
Nein, der Wald selbst wird nicht bebaut. Zwischen Gewerbegebiet und Wald ist ein mindestens 75 Meter breiter Grünriegel geplant: 50 Meter Abschirm- und Kompensationsgrün plus ein 25 Meter breiter Pflanzstreifen mit heimischen Bäumen und Sträuchern. Dieser Bereich soll das Gewerbegebiet vom Natura-2000-Gebiet und dem Landschaftsschutzgebiet „Hattorfer Holz“ abschirmen. Zusätzlich werden Lichtemissionen (z. B. grelle Fassadenbeleuchtungen, Skybeamer) eingeschränkt und transparente Glasfassaden zum Schutz der Vogelwelt nur in vogelfreundlicher Ausführung zugelassen. Für einzelne Vorhaben sind zudem artenschutz- und naturschutzrechtliche Prüfungen vorgesehen, damit die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets eingehalten werden.
Gehen unsere Spazier- und Radwege verloren – wo sollen Kinder und Spaziergänger künftig unterwegs sein?
Teile der heute genutzten Wege verlaufen durch die Flächen, die künftig als Gewerbegebiet geplant sind. Das bedeutet, dass sich gewohnte Routen verändern werden. Ziel der Planung ist es aber, weiterhin Wegebeziehungen zu ermöglichen – unter anderem über Wirtschaftswege und Grünflächen, die im Bebauungsplan vorgesehen sind.
Im weiteren Verfahren wird geprüft, wie bestehende Wegeverbindungen gesichert oder sinnvoll ersetzt werden können. Hinweise aus der Bürgerschaft – etwa zu besonders beliebten Strecken – sind dabei wichtig und können im Beteiligungsverfahren eingebracht werden.
Stimmt es, dass trotz „Keine Logistik“ doch Logistikbetriebe angesiedelt werden können?
Der Bebauungsplan schließt reine Speditions- und Logistikbetriebe ausdrücklich aus. Ziel ist, große Hallen mit vergleichsweise wenigen Arbeitsplätzen und hohem LKW-Aufkommen zu vermeiden. „Produktionsnahe Logistik“ ist dagegen nur ausnahmsweise zulässig – also zum Beispiel Lager-, Montage- oder Qualitätssicherungsbereiche, die direkt in einen Produktionsbetrieb eingebunden sind. Hier wird in jedem Einzelfall geprüft, ob die Nutzung wirklich eng an eine Produktion gekoppelt ist und zur Zielsetzung des Gebiets passt. Eine großflächige, logistikdominierte Nutzung ohne Produktion ist damit nicht zulässig.
Die Region hat doch schon Leerstände im Heinenkamp – warum dann noch neue Flächen ausweisen?
Die Stadt nimmt Hinweise auf Leerstände sehr ernst und bewertet den Gewerbeflächenbedarf regelmäßig. Nicht jede freie Fläche ist jedoch für jeden Betrieb geeignet – häufig braucht es größere, zusammenhängende Parzellen oder eine bestimmte Lage- und Erschließungssituation.
Mit dem Bebauungsplan wird ein Angebotsbebauungsplan aufgestellt. Das bedeutet: Die Stadt schafft planungsrechtliche Rahmenbedingungen, ist aber nicht auf einen bestimmten Investor oder eine einzige Nutzungsart festgelegt. So kann flexibel auf die wirtschaftliche Entwicklung reagiert werden – auch vor dem Hintergrund des Strukturwandels in der Automobilindustrie.
Im weiteren Verfahren wird die Stadt transparent darlegen, wie bestehende Flächen und neue Angebote zusammen gedacht werden.
Nimmt die Stadt die zusätzliche Verkehrsbelastung für Hattorf, Heiligendorf und die Umgebung ernst?
Ja. Die verkehrliche Anbindung ist ein zentraler Punkt der Planung. Das Gebiet ist so angelegt, dass der LKW-Verkehr vorrangig über die Autobahn A39 und das überregionale Straßennetz abgewickelt wird – nicht durch die Ortskerne.
Im Süden des Plangebiets ist zudem eine breite Verkehrsfläche vorgesehen, die perspektivisch als Umgehungsstraße für Hattorf und Heiligendorf dienen kann – diese Idee ist bereits im Flächennutzungsplan hinterlegt.
Parallel zur Bauleitplanung wurden Verkehrsuntersuchungen vorgenommen. Auf Basis dieser Gutachten werden konkrete Kreuzungsumbauten, zusätzliche Abbiegespuren, Ampelanlagen sowie Verbesserungen im ÖPNV geplant, um Mehrverkehr zu bewältigen und die Belastung der Ortsteile zu begrenzen.
Welche Betriebe sind im neuen Gewerbegebiet überhaupt vorgesehen – und was ist ausgeschlossen?
Vorgesehen ist ein Gewerbegebiet für produzierendes und verarbeitendes Gewerbe sowie Handwerksbetriebe, ergänzt um produktionsnahe Dienstleistungen. Parzellierung und Baugrenzen sind so gestaltet, dass sowohl kleinere Handwerksbetriebe als auch größere Produktionsbetriebe Platz finden.
Explizit ausgeschlossen sind unter anderem:
- reine Speditions- und Logistikbetriebe
- Lagerhäuser und Lagerplätze
- reine Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude
- weitere Tankstellen (eine besteht bereits im angrenzenden Gebiet)
- Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke
- Wohnungen und Beherbergungsbetriebe
- Vergnügungsstätten und bestimmte Spielhallen
- Einzelhandelsbetriebe
Damit soll der gewerbliche Kerncharakter gesichert und Monostrukturen – etwa ein reines Logistik- oder Dienstleistungsgebiet – vermieden werden.
Wie wird Natur-, Klima- und Bodenschutz im Gewerbegebiet berücksichtigt?
Die Planung sieht mehrere Bausteine vor, um Eingriffe zu begrenzen und zu kompensieren:
- Grünriegel zum Wald: mind. 75 m breiter Puffer aus Abschirm- und Kompensationsgrün.
- Pflanzpflichten: Ein 25 m breiter privater Anpflanzstreifen mit heimischen Bäumen und Sträuchern entlang des Hattorfer Holzes.
- Dachbegrünung: Flache oder flach geneigte Dächer über 50 m² sind grundsätzlich zu begrünen (Ausnahmen nur bei sehr hohem Anteil technischer Anlagen oder PV).
- Regenwasser-Rückhaltung: Regenwasser darf nur gedrosselt in die Kanalisation abgeführt werden, nach vorheriger Vorreinigung und Rückhaltung auf dem Grundstück.
- Bodenschonung und Begrünung: Nicht überbaute Flächen sind gärtnerisch anzulegen; Schottergärten und vollversiegelte Flächen ohne Funktion sind unzulässig.
- Licht- und Fassadenregeln: Begrenzung von Lichtemissionen und vogelfreundliche Fassadengestaltung zum Schutz des Natura-2000-Gebiets.
Zusätzlich werden interne und externe Ausgleichsflächen festgelegt. Die dafür notwendigen Festsetzungen befinden sich noch in Abstimmung und werden im weiteren Verfahren konkretisiert.
Geht es bei der Erweiterung vor allem um Geld für die Stadt („leere Kassen“)?
Gewerbeflächen tragen über Arbeitsplätze, Aufträge und Steuern zur finanziellen Handlungsfähigkeit der Stadt bei – dieser Aspekt ist ehrlich gesagt ein wichtiger Teil der Abwägung. Gleichzeitig geht es aber nicht allein um kurzfristige Einnahmen, sondern um die langfristige Stabilität des Wirtschaftsstandortes Wolfsburg und darum, Unternehmen eine Entwicklungsperspektive zu bieten. Im Bebauungsplanverfahren sind ökologische, verkehrliche, wirtschaftliche und soziale Belange rechtlich gleichrangig zu berücksichtigen. Sie werden gegeneinander abgewogen – und genau dafür sind die Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit ein zentraler Bestandteil.
Wie groß ist das Gebiet genau und wie fügt es sich in die Umgebung ein?
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst rund 27 Hektar. Davon entfallen etwa zwei Drittel auf Gewerbeflächen, rund ein Viertel auf öffentliche Grünflächen sowie weitere Flächen auf Straßen- und Ver- und Entsorgungsflächen.
Das Gebiet schließt direkt östlich an das bestehende Gewerbegebiet Heinenkamp II an. Nach Norden sichert der Grünriegel den Abstand zum Hattorfer Holz, nach Süden besteht die Option einer künftigen Umgehungsstraße, nach Osten bleibt die Einbindung in die offene Landschaft gegeben.
Wie ist der aktuelle Stand des Verfahrens und wie kann ich mich beteiligen?
Der Bebauungsplan durchläuft ein gesetzlich geregeltes Verfahren mit mehreren Schritten: Aufstellungsbeschluss, frühzeitige Beteiligung, öffentliche Auslegung des Entwurfs und schließlich der Satzungsbeschluss durch den Rat. In der Phase der öffentlichen Auslegung können Bürger*innen und Träger öffentlicher Belange schriftlich oder online Stellungnahmen abgeben.
Alle Termine, Unterlagen und Beteiligungsmöglichkeiten werden im Amtsblatt, auf der städtischen Webseite und über weitere Kommunikationskanäle bekannt gemacht. Jede eingehende Stellungnahme wird dokumentiert, geprüft und in die Abwägung des Rates einbezogen.
Was passiert, wenn sich die wirtschaftliche Lage ändert und die Flächen nicht sofort nachgefragt werden?
Mit dem Angebotsbebauungsplan schafft die Stadt zunächst Planungsrecht – damit ist noch nicht entschieden, wann und in welchem Tempo alle Flächen bebaut werden. Die Stadt kann auf die Vermarktung aktiv Einfluss nehmen und die Entwicklung an den tatsächlichen Bedarf anpassen. So bleibt Spielraum, auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen – etwa durch den Strukturwandel in der Automobilindustrie – zu reagieren.
Verkehrsuntersuchung
- Für die Erweiterung des Gewerbegebiets wurde genau untersucht, wie sich der Verkehr heute und bis 2030 entwickelt – mit und ohne neues Gewerbe sowie mit zusätzlichem Wohnungsbau in Neindorf und Heiligendorf. Die Planungsbehörde nutzt diese Daten als Grundlage, um Verkehrssicherheit und -fluss zu sichern.
- Schon heute kommt es an einigen Knotenpunkten zu Staus, deshalb plant die Stadt unabhängig von der Erweiterung u. a. neue Ampelanlagen an den Einmündungen L294/Lehmkuhlenfeld und L295/Heinenkamp sowie den Umbau des Kreisverkehrs L294/L295/Lindenkamp zur signalisierten Kreuzung mit eigenen Abbiegespuren.
- Für das Jahr 2030 – mit voll belegten Gewerbegebieten und der östlichen Erweiterung – erwartet das Gutachten zwar mehr Verkehr, aber keine unlösbaren Probleme: Durch zusätzliche Fahr- und Abbiegestreifen (z. B. an der Anschlussstelle A39 Mörse und am Knotenpunkt Brandgehaege) soll die Leistungsfähigkeit der Straßen erhalten und Überlastungen vermieden werden.
- Auch der öffentliche Nahverkehr wird mitgedacht: Vorgesehen sind neue Bushaltestellen und eine bessere Anbindung des Gewerbegebiets Heinenkamp II und der Erweiterungsfläche – bis hin zu einer möglichen Linienführung mitten durch das Gebiet über Lehmkuhlenfeld und Lindenkamp. So entstehen Alternativen zum Auto.
- Insgesamt macht das Gutachten klar: Die Stadt wird die Erweiterung des Gewerbegebiets nur zusammen mit den notwendigen Straßen- und ÖPNV-Maßnahmen umsetzen und vor weiteren Entscheidungen das Verkehrsgeschehen nach der Corona-Pandemie nochmals überprüfen.
Kartieruntersuchung
- Für die Erweiterung des Gewerbegebiets wurden seltene Pflanzen, Fledermäuse, Brutvögel und die Feldgrille nachgewiesen – die Planungsbehörde erkennt diese hohe ökologische Bedeutung ausdrücklich an und bezieht sie in die weiteren Schritte ein.
- Besonders geschützte Pflanzenarten an Ackerrändern und auf Brachflächen werden bei der Flächenabgrenzung und Detailplanung berücksichtigt, um ihre Standorte möglichst zu erhalten oder auszugleichen.
- Nachgewiesene Fledermausquartiere und wertvolle Baumstrukturen am Waldrand werden in der Planung als empfindliche Bereiche behandelt; hier prüft die Behörde sorgfältig, wie Eingriffe minimiert werden können.
- Für gefährdete und streng geschützte Vogelarten – wie Neuntöter, Feldlerche oder Rebhuhn – werden die Belange des Artenschutzes in die Abwägung einbezogen, etwa bei der Festlegung von Bauflächen, Ruhezonen und Ausgleichsmaßnahmen.
- Die stark gefährdete Feldgrille erhält ein besonderes Augenmerk: Die Planungsbehörde wird mögliche Eingriffe genau prüfen und geeignete Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen vorsehen, bevor Entscheidungen getroffen werden.
FFH-Vertäglichkeitsuntersuchung (Fauna-Flora-Habitat, Natur)
- Für die geplante östliche Erweiterung des Gewerbegebiets Lehmkuhlenfeld wurde geprüft, ob das angrenzende EU-Vogelschutzgebiet „Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg“ (Hattorfer Holz) erheblich beeinträchtigt werden könnte.
- Das Gebiet ist vor allem wegen seiner Laub- und Mischwälder sowie der dort lebenden Greifvögel und Spechte (z. B. Rotmilan, Mittelspecht, Schwarzspecht, Grauspecht, Neuntöter) geschützt; ihre Hauptlebensräume liegen im Wald und auf Waldlichtungen, nicht auf den heute landwirtschaftlich genutzten Planflächen.
- Untersucht wurden mögliche Auswirkungen durch Lärm, Licht, bauliche Strukturen, Stoffeinträge (z. B. Stickstoff), Veränderungen des Wasserhaushalts sowie mögliche Barrieren oder Kollisionsrisiken für Vögel.
- Als zentrale Schutzmaßnahmen sind ein mindestens 75 m breiter Grünstreifen zwischen Gewerbegebiet und Wald, Regelungen zur Regenwasserversickerung, zur Begrenzung von Lärm, Licht und Emissionen sowie der Verzicht auf kollisionsgefährliche Glasfassaden zum Wald hin vorgesehen; bei stark emittierenden Betrieben sind zusätzliche Einzelfallprüfungen nötig.
- Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bei vollständiger Umsetzung dieser Vorgaben keine erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des EU-Vogelschutzgebiets zu erwarten sind und das Vorhaben daher als naturschutzrechtlich verträglich eingestuft werden kann.